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Die letzten Liga-Duelle gegen Selb: Wie die Gronicher 1961 die „Dreizehner“ niederkämpften

  • von Gregor
  • 12. Oktober 2024
  • Tradition
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Wenn am Sonntag der SV Union Selb an die Kronach reist, stellt sich erstmals seit 1961 wieder eine Mannschaft aus Selb in einem Ligaspiel in Goldkronach vor. Für den einheimischen FC Fichtelgebirge geht es um wichtige Punkte für den Klassenerhalt. Gut zu wissen, dass es die Teams aus Selb in der Goldbergbaustadt schon in der Saison 1960/61 schwer hatten: Die SpVgg Goldkronach nahm damals dem FK 09 Selb und der SpVgg 1913 Selb, beides Vorgänger-Klubs der Union, in zwei Heimspielen insgesamt vier Punkte ab.

Für die frisch in die Zweite Amateurliga aufgestiegenen Goldkronacher ging es 1960/61 ausschließlich um den Klassenerhalt. Die arrivierten Vereine aus der Porzellanstadt, der FK 09 und die SpVgg Selb, hatten da schon andere Ziele. Das kam bereits in der Karikatur zum Ausdruck, die die Fränkische Presse am 5. November 1960 abdruckte. Die Vorgängerin des Nordbayerischen Kuriers illustrierte jeden Samstag ihre Vorberichte zu den Spielen der höheren Amateurligen mit solchen Zeichnungen. Die SpVgg Goldkronach wurde durch den „Goldschmied“ verkörpert. Dieser sollte nun, so der Karikaturist, den Pokal des FK 09 Selb vergolden.

Karikatur aus der „Fränkischen Presse“ vom 5. November 1960.

Beim FK oder FC Selb handelte es sich um den 1909 gegründeten 1. Fußball-Klub Selb. Der FK 09 war einst eine feste Größe im höherklassigen Amateurfußball der Region, spielte in den 1970er Jahren lange in der Landesliga. Anfang der 2000er Jahre fusionierte der FK 09 Selb mit dem TSV 06 Selb und dem FC Südring Selb zum FK 06-Südring Selb. Mit diesem Verein kreuzten die Goldkronacher Jugendmannschaften gelegentlich bei Hallenturnieren die Klingen, aber im Ligafußball gab es keine Duelle mehr – schon gar nicht bei den Erwachsenen. 2010 benannte sich der Fusionsklub in FC Selb um, ehe er ab 2015 in den Kickers Selb aufging.

Schon lange nicht mehr selbstständig: Der FK (oder auch FC) Selb von 1909.

Während also die Vorzeichen am 6. November 1960 nicht gerade günstig für die Gronicher standen, so zeigte sich der Underdog gegenüber dem FK 09 Selb doch keineswegs mutlos. Zwar gingen die Selber einige Minuten vor der Halbzeit in Führung und spielten insgesamt keine schlechte Partie. Doch der Spielbericht in der Fränkischen Presse lobte auch Goldkronach für „schöne Spielzüge“, so dass Blechschmidt in der 76. Minute zum 1:1 ausgleichen konnte. Im Goldkronacher Tor glänzte Erich Drescher durch seine Strafraumbeherrschung. Und am Ende hatte der FK 09 sogar Glück, dass sich sein Linksverteidiger Busse zwei Minuten vor Schluss gerade noch in einen Abschluss der Gastgeber warf. Die Gronicher knöpften dem Favoriten hochverdient einen Punkt ab.

Die Schlagzeile der „Fränkischen Presse“ am 7. November 1960.

Es gibt aber noch einen großen Traditionsklub in Selb, nämlich die SpVgg Selb von 1913 – und auch diese spielte 1960/61 mit der SpVgg Goldkronach in der Zweiten Amateurliga. Die „Dreizehner“, so gerufen nach ihrem Gründungsjahr, waren meist in der Kreis- oder Bezirksliga zu finden. Im Frühling 2023 trafen die Vereinsmitglieder die Entscheidung, mit Kickers Selb zum SV Union Selb zu fusionieren.

Heute ebenfalls Teil von Union Selb: Die SpVgg Selb von 1913.

Ein paar Jahrzehnte zuvor, im Frühjahr 1961, schickte sich die SpVgg Selb gerade an, den Lokalrivalen FK 09 zu überflügeln. Hinter Wacker Marktredwitz und der SpVgg Hof – zwei ebenfalls nicht mehr (selbstständig) im Spielbetrieb stehenden Klubs – lagen die „Dreizehner“ auf dem dritten Rang der Zweiten Amateurliga. „Goldkronach wird sich daheim gegen SpVgg Selb hart tun“, prophezeite die Fränkische Presse am 25. Februar 1961, denn die Gronicher waren zwischenzeitlich wieder auf den letzten Platz zurückgefallen. „Vielleicht vermag der Goldkronacher Sturm das Eisen aus dem Feuer zu reißen?“, verbreitete das Blatt zumindest Zweckoptimismus.

Die „Fränkische Presse“ am 27. Februar 1961.

Tatsächlich sahen die 200 Zuschauer zunächst eine Partie mit Chancen auf beiden Seiten, wobei die Goldkronacher schon leicht im Vorteil waren. Sie scheiterten aber am starken Selber Torhüter Sießlack und machten es sich selbst schwer, weil sie „übertrieben kombinierten“, befand der Berichterstatter. Erst in der 80. Minute fiel das erlösende 1:0 für den Abstiegskandidaten durch Spielertrainer Rudi Blechschmidt. Nach großem Kampf bezwangen die Gronicher das Spitzenteam aus Selb.

Das goldene Tor für die Gronicher gegen die SpVgg Selb schoss Rudi Blechschmidt. Hier trifft er im August 1960 gegen Wunsiedel.

„Ausschlaggebend für den Goldkronacher Sieg waren in diesem temporeichen Spiel die gute Kondition und der Einsatz“, erklärte die Fränkische Presse tags darauf ihren Lesern. Durch den überraschenden Sieg gegen die SpVgg Selb rückten die Gronicher wieder bis auf zwei Punkte an das rettende Ufer heran. Am Ende sollte es trotzdem nicht ganz reichen – im Sommer 1961 musste die SpVgg Goldkronach aus der Zweiten Amateurliga absteigen. Die Heimbilanz gegen Mannschaften aus Selb ist allerdings seit nunmehr 63 Jahren positiv…

Die Tabelle der 2. Amateurliga nach dem Goldkronacher Sieg gegen die SpVgg Selb.

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