Die Saison in der 2. Amateurliga 1960/61 war ein Glanzlicht in der Goldkronacher Fußball-Historie: Ein bisschen wie Bezirksliga, aber eben als vierthöchste Spielklasse überhaupt. Damals musste die SpVgg lange auf den ersten Sieg warten. Umso größer war der Jubel, als er am 9. Oktober 1960 endlich gelang – ausgerechnet gegen die SpVgg Oberkotzau, der die Gronicher am Sonntag erstmals seit mehr als 60 Jahren wieder in einem Ligaspiel gegenüber stehen.
Die damalige 2. Amateurliga wurde zeitgenössisch mitunter schon „Bezirksliga“ gerufen, sie ist mit der heutigen Bezirksliga geografisch zu vergleichen: Von Stadtsteinach im Westen bis Schirnding im Osten, von Hof im Norden bis Mitterteich im Süden. Aber durch den stärker regionalisierten Spielbetrieb bildete die 2. Amateurliga die vierthöchste Spielstufe – von der Oberliga Süd mit Bayern München, dem 1. FC Nürnberg und Eintracht Frankfurt trennten sie nur zwei Klassen: Die 2. Liga Süd mit Vereinen wie Darmstadt 98, Stuttgarter Kickers oder der SpVgg Bayreuth. Und die 1. Amateurliga Nordbayern als dritte Liga, in der etwa die Würzburger Kickers oder der 1. FC Bayreuth antraten.
„Janni“ Börgert schießt das erste Tor in der vierten Liga
Eine Liga darunter spielten schon die Gronicher, und die taten sich schwer. Nach ihrem Aufstieg holten sie vom 1. FC Bayreuth zwar Joachim „Janni“ Börgert zurück, der in Goldkronach ausgebildet worden und dann in die dritte Liga gewechselt war. Doch ansonsten gab es keine externen Neuzugänge. Der Start verlief vielversprechend, in Schwarzenbach am Wald holte die SpVgg zum Auftakt einen Punkt – das erste Goldkronacher Tor in der 2. Amateurliga schoss Rückkehrer Börgert, am Ende stand es 4:4. Zum ersten Heimspiel am 21. August 1960 strömten 550 Zuschauer. Gegen die SpVgg Wunsiedel brachte Spielertrainer Rudolf Blechschmidt die Gronicher mit einem wuchtigen Distanzschuss in Führung, dessen Einschlag der Fotograf der Fränkischen Presse festhielt. Die Partie endete 1:1, wieder immerhin ein Zähler.
Dann aber rutschten die Gronicher immer tiefer in den Tabellenkeller. Denn auch wenn Heimspiele wie das vor 800 Zuschauern gegen Wacker Marktredwitz Highlights setzten – ein Sieg wollte bis in den Oktober hinein nicht gelingen. Die teilweise knappen, aber regelmäßigen Niederlagen gegen etablierte Amateurligisten ließen die Fränkische Presse Ende September 1960 über die kaum verstärkte Goldkronacher Aufstiegsmannschaft resümierten, „daß die Elf doch noch nicht über die nötige Reife verfügt“.
9. Oktober 1960 – endlich ein Heimsieg
Das spiegelte sich auch in den Karikaturen, mit denen die Fränkische Presse, eine Vorgängerin des Nordbayerischen Kuriers, jeden Samstag ihre Vorberichte zu den Spielen des höherklassigen Fußballs illustrierte. Für jeden Amateurliga-Verein trat wöchentlich ein typischer Charakter auf, der in einer Zeichnung jenem des Gegners gegenüber stand – für die SpVgg Goldkronach war das „Goldschmied“, der Inhaber eines Juweliergeschäfts. Am 8. Oktober 1960, einen Tag vor dem Heimspiel gegen die SpVgg Oberkotzau, spottete die Oberkotzauer Figur freilich über die trostlose Situation des Tabellenletzten von der Kronach.
Doch am Sonntag, 9. Oktober 1960, war es endlich soweit. Die Gronicher feierten den ersten Heimsieg in der 2. Amateurliga! Schon in der ersten Hälfte hatte die Heimmannschaft die Latte getroffen, die Goldkronacher waren die bessere Mannschaft. Es dauerte bis zur 84. Minute, ehe der Halblinke Hermann Katholing ein Zuspiel von Rudolf Bleschmidt zum erlösenden 1:0 verwandelte und 300 Zuschauer jubeln ließ. Für die SpVgg nicht nur der ersehnte erste Heimsieg, sondern auch ein enorm wichtiger Dreier: Sie sprangen vom letzten Tabellenplatz und stellten den Anschluss an die Nichtabstiegsplätze her.
Die Fränkische Presse berichtete tags darauf nicht nur über den ersten Heimsieg der SpVgg. Die Titelseite bestimmte der deutsch-französische Gipfel zwischen Bundeskanzler Konrad Adenauer und Premierminister Michel Debré. In den USA hatten die Präsidentschaftskandidaten John F. Kennedy und Richard Nixon gerade ihre zweite Fernsehdebatte vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs ausgetragen.
Nach über 60 Jahren wieder ein Ligaspiel gegen Oberkotzau
63 Jahre später stehen die Gronicher am kommenden Sonntag wieder der SpVgg Oberkotzau in einem Ligaspiel gegenüber. Auch wenn der 1912 gegründete Traditionsklub aus dem Hofer Land sich schon seit Jahrzehnten im höherklassigen Amateurfußball hält: Dass eine der beiden Mannschaften jemals wieder in der vierten Liga spielen wird – das ist unwahrscheinlicher denn je. Über den nächsten Bezirksliga-Sieg würden die Goldkronacher Anhänger aber wohl genauso jubeln wie am 9. Oktober 1960.
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